LAN-Party!

Der hochprofessionelle Kabelschrank (Badezimmerschrank von IKEA)

Diese Bild mag zunächst unspektakulär wirken. Für uns ist es aber ein enormer Erfolg. Wir haben nämlich schon vor über zwei Jahren unseren Telefonanbieter gewechselt und jetzt einen superschnellen Glasfaseranschluss. Den haben wir aber bisher kaum gemerkt, weil wir das Ganze dann per WLAN verteilt haben. Unsere historischen Lehmwände sind nämlich super zum Funkwellen-Abschirmen! Jetzt fing zusätzlich der -auch ein bisschen historische – Router an , in die Knie zu gehen. Gleichzeitig hat Kerstin eine neue Stelle angefangen – mit ganz viel Home-Office und Online-Konferenzen. Es musste also was passieren.

Schon mehrmals hatten wir halbwegs motiviert irgendwelche LAN-Kabel verlegt, die gab es also. Und ein Freund hatte uns schon mal zwei neue Router mit ganz vielen Antennen zu Weihnachten geschenkt. Also haben wir uns verabredet, um das Netzwerkprojekt zum Abschluss zu bringen. Und hier sieht man das Ergebnis: Wir haben jetzt zwei neue WLAN-Router, die mehrere WLANs für Gäste und fachwerkhühner anbieten und einen schicken Schaltschrank auf dem Dachboden, in dem die Kabel vom Obergeschoss zusammenlaufen. Unsere Zimmer haben jeweils einen LAN-Anschluss, und in der Bibliothek gibt es einen Schreibtisch mit LAN-Kabeln für alle. Kerstin konnte den Kabelsalat nicht gut sehen und hat ihn unter die Tische verlegt – sieht sehr professionell aus!

Anekdote am Rande: Weil das Ganze ziemlich lange gedauert hat, musste Volker nochmal im Internet nachsehen, wie man die neuen Router konfiguriert. Er hat auch schnell eine Anleitung gefunden. Etwas später hat er dann gemerkt, dass er sie selber verfasst hat. Auf jeden Fall eine zuverlässige Quelle, würde ich sagen.

Kerstin in der fachwerkhuhn-Kommandozentrale

Juni 2023 – Zeitsprünge, Punks und Hofsonne

Welt in Pink und Punk

„Sie lebte ein paar Jahre im Dazwischen und hielt keine Zahlen aus.“ – Vielleicht würde ich das gerne einmal über mich preisgeben. Vielleicht würde ich es aber auch lieber vergessen. Ich habe mit einem Freund gesprochen über die verlorenen sieben bis zehn Jahre – die kennt er auch. Wir kennen uns aus genau diesem Dazwischen, aus einer Klinik. Wir holen inzwischen wieder auf… nachholen können wir das alles nicht, was uns in diesen Jahren entgangen ist. Nachholen und Aufholen sind zwei verschiedene Dinge. Beim Aufholen sind wir so fokussiert auf den Vorderen, dass die Fahrt selbst ausgeblendet wird. Wir holen nicht nach, wir können nur in die vordere Reihe springen.

Ich habe schon immer gerne gespielt und baue gerade eine Sammlung aus, die aus Karten- und Brettspielen besteht. Die ist tatsächlich in Quantensprung-Geschwindigkeit gewachsen. Gerade haben besagter Freund und ich Radlands für uns entdeckt – ein dystopisches Kartenspiel. Du bist darin eine Gang aus Cyborg-Punks. Zerstöre die Lager der Feinde in einer Wasserumkämpften gefallenen Welt – für mich hat dieses Spiel etwas Nostalgisches. Denn ich habe die kultivierte Weltuntergangssehnsucht in den vergangenen Jahren abgelegt, die Melancholia, sie liegt hinter mir: Nach dreieinhalb Jahren Fachwerkhuhn. 

Duellspiel mit Sog

Wir als WG haben gebastelt, gebaut, geschraubt und gespachtelt, dabei ist der Flur erneuert, die Treppe aufgefrischt und die Küche überholt worden. Wir haben zwei sehschwache Katzen aufgenommen und sind einem Rentner-Tanzverein beigetreten. Wir hatten einige suspekte sowie einige zarte und zugleich praktisch veranlagte Zwischenmieter*innen. Wir haben einige Zeit WG-Sport gemacht und tragen nun trotzdem Corona Größe 40-44. Ich habe mich zwischendurch nach Frankfurt beworben, um einem big city life zu frönen, dem ich doch wahrscheinlich gar nicht gewachsen bin – zum Glück habe ich den Job nicht bekommen. Ich arbeite jetzt in einem Spieleladen in Hannover und mache dort eine Umschulung. Zu was, ist eigentlich nicht so wichtig. Wichtig ist, ich bleibe noch eine Weile im Fachwerkhuhn und lasse mir die Hofsonne auf den Hut scheinen.

Spannend ist, diese Zeit ist im Flug vergangen, tatsächlich fühlt es sich so an, als wäre ich in die vordere Reihe gesprungen. Plötzlich bin ich hier, dreieinhalb Jahre nach Einzug. Ich muss nichts nachholen, denn diesen Druck gibt es hier nicht. Ich musste aus einem Dazwischen in ein Jetzt und irgendwie fühle ich mich da angekommen. Und sollte die Welt demnächst untergehen, dann ohne mich, ich bin auf diesem Hof, hier ist irgendwie alles ein bisschen gut (Vor allem haben wir einen secret stash aus Tomatenmatsch, was kann da schief gehen?!). 

„Ich habe dein Söldnerlager zerstört und damit habe ich wohl gewonnen“, sage ich zu besagtem Freund. Der Freund lächelt und bietet mir eine Hofzigarette an. Es ist Anfang Juni und wir setzen uns in die Sonne auf die Hoftreppe und schweigen vergnügt. 

Söldnerlager zerstört! – Gewonnen!

Frohes Neues Jahr 2023!

Hallo und frohes neues Jahr 2023! (Darf man bis Juli allen wünschen, denen man vorher nicht begegnet ist).
Hier ist einiges passiert. Katalin ist ausgezogen, Jan ist jetzt freiwilliger Feuerwehrmann, in der Scheune wohnen Trecker zur Miete, in zwei Zimmern sind neue Risse in den Wänden aufgetaucht. Die sind scheinbar nicht schlimm, aber es stehen jetzt trotzdem Baustützen in der Durchfahrt. Jan und Kerstin haben die Küche repariert und es ist ein paar mal in verschiedenen Räumen der Strom ausgefallen. Und mit einiger Verspätung habe ich es geschafft auch endlich hier einzuziehen. Mir war vor dem Umzug gar nicht klar, wie viel Zeug ich habe! Ein Rest steht immer noch in Braunschweig (‚tschuldigung, Astrid!). Ein Teil wird wahrscheinlich für die nächsten paar Jahre auf dem Dachboden verstauben, und eine beachtliche Menge Pappkartons steht noch ungeöffnet in meinem Zimmer. Wenn ich mir die wegdenke ist es schon fast gemütlich eingerichtet. ‚Gemütlich‘ muss erstmal reichen. ‚Hübsch‘ oder ‚mit System‘ kommt vielleicht wann anders mal. Ich übe das gerade mit dem erreichbare Ziele setzen. Wer das noch üben sollte, ist die Bahn. Die scheint nämlich öfter so was zu denken wie ’na gut, jetzt Schienenersatzverkehr, aber die nächste Verbindung fahre ich wirklich‘ Tut sie dann aber leider nicht. Und dann steht mensch da, als frisch zugezogene*r Neubodenburger*in und flucht ein bisschen vor sich hin und friert eine Stunde am Bahnhof, und geht dann wieder nach Hause.
Ansonsten toben weiterhin drei Katzen durchs Haus, die Hühner freuen sich wenn sie Winterauslauf haben und auch mal im Tomatenbeet buddeln können und der arme empfindliche Hahn darf ab und an im Haus übernachten wenn es gar zu kalt ist. Außerdem haben wir Dienstagabend als gemeinschaftliche Pasta-Party festgelegt. Es ist gut sich als WG wenigstens ein mal in der Woche fest zu verabreden, um etwas ordentliches zu essen und wichtige Themen zu besprechen. Z.B. ob nicht alternativ auch ein Nudel-Nachmittag, ein Auflauf-Abend oder ein Kartoffel-Klönschnack in Frage käme. Was den Namen des dienstäglichen Dinners angeht, herrschten heute noch Unstimmigkeiten. Wir waren uns aber einig, dass Januar und Februar eigentlich Monate sind, die am besten für einen entspannenden Winterschlaf genutzt werden sollten.
In diesem Sinne wünsche ich noch ein okayes Jahr 2023, mit halbwegs gesunder Ernährung, Erreichen von manchen Zielen und dass mehr Sachen unerwartet klappen, als danebengehen.

Ein Fußbad für den Hahn
(auch ein guter Titel für einen Arthouse-Film?)
Abenteuer Umzug: Tankanzeige? Fehlanzeige. Seitentür geht nicht auf, Hintertür muss zugeknotet werden. Aber Verkehrssicherheit passt und der Preis auch.

Husten, Schnupfen, Heiserkeit

Nein hier schreibe ich nicht über die Wintergrippe oder C. Zieht euch trotzdem warm an…!

Die Zusammenstellung in unserer WG ändert sich auf kurz oder lang. Dabei sei mit Klagen und Heulen erwähnt, dass Katalin uns bald verlässt, weil sie ein Stadtkind ist und sie es nun wieder in die große kleinste Großstadt Hildesheim zieht. Aber wahrscheinlich ist das auch besser für sie, da jeden/jede, der/die  in die WG kommt, ein paar seltsame Phänomene befallen. 

Jan kocht am liebsten Nudeln und Kartoffelsuppe. Das ist noch nicht das Problem.  Die Nudeln sind unbedenklich und meist al dente, die Soße ist immer lecker. Bei der Kartoffelsuppe verhält es sich anders. Nicht, dass sie nicht lecker wäre… aber sie verursacht bei uns allen einen Zustand, der zu Tisch eher unangenehm ist:  Den gemeinen Suppenschnupfen.  Zu Tisch ergibt sich ein Bild wässernder, triefender Nasen und statt Crème fraîche oder Pfeffer und Salz stehen mehrere Packungen Taschentücher zwischen uns. Tatsächlich verhält es sich bei jeglicher Suppe so. Aber es bleibt in dieser WG nicht beim Suppenschnupfen.

Kerstin backt hin und wieder Brot aus Sauerteig, der als Ansatz in unserem Kühlschrank vor sich hin dümpelt. Katalin mag kernige Laibe und Jan kann dem guten Grauen nun wirklich nicht widerstehen. Mir fehlen ehrlich gesagt die fluffigen Brötchen aus meinem Elternhaus in Baden-Württemberg, ich gebe mich aber auch mit luftigem Weißbrot oder körnigen Dunklen zufrieden. Zum Abendbrot verhält es sich folgendermaßen: Es gibt Tee und Saft, jeglichen nicen vegetarischen Aufstrich, Oliven, Tomaten oder Radieschen warten in Schüsseln darauf, aufs Brot gelegt zu werden, Käseecken verbreiten ihr würziges bis kräftiges Aroma, eine Kerze brennt: Die Schnitten werden individuell bestrichen und belegt, dann der erste Biss und runterschlucken und keine zehn Sekunden später überfällt es uns: Das üble Brotschluckauf. Es setzt häufig auch schon beim Reinbeißen ein. Da wir die Scheiben ganz verschieden dekorieren, kann es nur am Brot liegen. Meist sind dabei nur Jan und ich betroffen, aber Kerstin leidet unter einem noch heftigeren Übeltäter.

Der Schlimmste von allen sei erstmal noch nicht erwähnt. Denn es lässt sich ehrlich gesagt nur schwer ertragen. Wir lieben alle Vier Frittiertes und Fastfood. Das, würde uns der ein oder andere raten, ist ungesund. Aber ganz ehrlich, es geht ja jetzt im Leben, abgesehen vom Klimaschutz, nicht unbedingt um Zurückhaltung. Man möge sich auch mal was gönnen. Und da wir alle schwer beschäftigt, mit verschiedenen Jobs und Aufgaben betraut sind, brauchen wir einfach häufiger den guten Biss in den sappschigen vegetarischen Burger und den Griff zur fettigen Pommes. Tja aber was dann über uns und am häufigsten über Kerstin kommt, ist schlimmer als die Auswirkungen auf Leibesfülle und Gesundheit, !Achtung Triggerwarnung!: Den hässlichen Pommeshusten möchte wirklich niemand haben. Der Pommeshusten ist ein allgemeingültiger von uns wissenschaftlich belegter Begriff für das Röcheln, Husten und Räuspern nach dem Genuss von Fertigzeug oder Frittiertem. Kein Weg führt daran vorbei.Was sind eure Erfahrungen nach dem Genuss von Lebensmitteln? Kennt ihr andere oder gar schlimmere nicht auf Allergien basierende Phänomene? Die Marmeladenheiserkeit oder die Kaffeeübelkeit? Schreibt uns! Wer mutig ist, kommt uns besuchen oder löst Katalin ab.

Die Invasion der Schuhe

Egal, wie viele Schuhregale wir aufstellen (im Moment sind es drei), innerhalb kurzer Zeit quellen die Schuhe aus ihren Verstecken, machen sich breit und belagern den Flur. Die besonders frostempfindlichen wärmen sich an Ginis Heizung, die robusteren Exemplare nehmen mit unserer Dreckschleuse vorlieb. Die Gummistiefel wickeln sich hinterhältig um unsere Füße, wenn wir ahnungslos von draußen hereinkommen und das Licht nicht anmachen. Die dreckbespritzten Outdoorhelden wollen nicht mit den feinen Chelsea Boots in einem Schuhschrank stehen und bleiben lieber gleich davor.

Was sollen wir tun? Ausmisten, sagen Kerstin, Gini und Katalin. Neues Jahr, weniger Schuhe! Lasst uns Marie Kondos „Magic Cleaning“ bestellen und allen Schuhen, die nicht glücklich machen, für ihre langjährige Arbeit danken, sie liebevoll auf die Lederhaut küssen, bevor sie das Haus verlassen müssen.

Neiiin, sagt Jan, ich sortiere keine Schuhe aus! Die können wir alle noch gebrauchen. Wir müssen nur mehr Schuhregale aufstellen.

Wir sind in einer Endlosschleife gefangen.

Kurz mal gerade eben…

Toni und Gini kratzen Tapete ab von einer sehr marode aussehenden Wand.

… die Küche renovieren wollten wir. Nur ein bisschen, in einer der berüchtigten Bauwochen. In denen verabreden wir uns zum Bauen und laden Freunde und Familie zum Helfen ein. Die Stromkabel mussten ersetzt werden, weil wir den Verdacht hatten, dass die Wand hinter dem Herd zu viel Strom verbraucht. Es ist auch schon mal eine Verteilerdose weggeraucht, als jemand den Toaster eingeschaltet hat. Das konnte so nicht bleiben. Na, und wenn sowieso ein Streifen von der 50 Jahre alten Tapete weg muss, kann sie ja eigentlich auch ganz ab.

Wie das manchmal so ist, kam beim Abreißen der Tapete ein bisschen Putz mit. Also, eigentlich ziemlich viel Putz. Jetzt sind drei von vier Wänden neu verputzt, und wir haben eine Entdeckung gemacht: Zwei Außenwände in der Küche sind scheinbar nicht mehr original – die Lehmwände wurden durch roten Backstein ersetzt. Es ist nicht mal sicher, dass die Fachwerkbalken noch da sind. Das erklärt vielleicht auch die merkwürdige Verteilung der mintgrünen Fliesen in der Küche. Da sind nämlich alle Wände sind bis ca. 1,20 m Höhe gefliest – bis auf eine, an der die Küchenzeile steht. (Dort wo die Fliesen am nützlichsten wären.) Da war es wohl nach der Reparatur zu aufwändig mit dem Fliesen.

Jetzt haben Gini und Kerstin zumindest dort, wo der Herd steht, noch ein bisschen gefliest, als Spritzschutz. An einer anderen Stelle werden die Fliesen vermutlich verschwinden. In der Wand zum Flur hin ist der Schwellbalken durch Feuchtigkeit zerstört (ja, das ist der auf dem das ganze Haus steht). Die Wand muss also zumindest bis zum zweiten Balken von unten abgerissen werden. Zum Glück haben wir eine Zimmerei gefunden, die sich der Balken-Problematik annehmen wird. Die Familie hat auch schon Unterstützung zugesagt, damit ist die Finanzierung halbwegs gesichert – und schon haben wir eine neue Baustelle! Na ein Glück. Nicht dass es noch langweilig wird.

Zimmer frei!

Man könnte ja meinen, wir seien eine Kommune, da wir uns mit vielen linken Themen beschäftigen und dabei eine Hausgemeinschaft mit Selbstversorgerpotential sind. Wir haben aber keinen programmatischen Überbau, jeder von uns ist frei, sich auf eine beliebige Partei einzulassen, Yoga oder Gymnastik zu machen, an Jesus oder Wiedergeburt zu glauben, polyamor oder monogam zu leben. Das macht das Ganze für mich so attraktiv, wir sind eine Gemeinschaft. Wir leben zusammen, sind aber keinen Dogmen ausgesetzt – außer unseren eigenen. Das zum Verständnis. Was genau macht uns dann eigentlich aus? Weswegen sollte eigentlich jeder von euch hierher ziehen? 😉 Ich glaube, es ist unsere Sehnsucht danach in einer Gruppe zu leben und so verschiedenen Einflüssen ausgesetzt zu sein und es ist unsere Ausprobierfreude. Bei uns ist alles Programm, worauf wir gemeinsam Lust haben. Natürlich bewegen wir uns alle von vornherein in einem alternativen Themenfeld, sind interessiert an Umweltschutz, sind Tierfreunde und probieren auch mal sechs Wochen lang aus plastikfrei zu leben. Aber wir bleiben dabei flexibel, wir tauschen uns darüber aus, was geht und was nicht geht. Verurteilen uns nicht für Ausnahmen. 

Jan und Kerstin haben sich irgendwann dafür entschieden, dass sie ein Zusammenleben in Zweierkonstellation irgendwie nicht ausgewogen finden, ein paar Mitbewohner_innen mussten her. Ich halte das für einen sehr spannenden Lebensentwurf. Das Zwischenmenschliche ist nicht in einem Doppelpack eingeschlossen, sondern lässt sich im Umfeld von drei oder mehr Menschen verhandeln. Es wird entzerrt. Jan sagt: „Ich finde nur zu zweit zusammenzuleben für mich richtig unattraktiv.“ Wenn die Küche nicht aufgeräumt ist, verhandeln Paare das auch immer als Beziehungskonflikt. In einer WG sei nicht alles beziehungsintern. „Du hast wieder deine Wäsche liegen lassen, ich glaube, du liebst mich nicht mehr“, dieser Ansatz wird bei uns selten als Instrument verwendet, sagt Kerstin.

Kerstin meint zudem: „Es hat auch wirtschaftliche Gründe.“ Für uns alle ist es deutlich angenehm, dass wir unsere Ressourcen teilen. Wir kaufen gemeinsam ein, es gibt immer genug zu Essen im Haus. Das Haus kann vor allem so aufrecht erhalten werden, weil wir alle gemeinsam mithelfen und es durch Lohn oder Miete mitfinanzieren. Schon in einer sehr alten Schrift steht geschrieben – ich bin hier die Christin im Haus, deswegen darf ich das schreiben – es ist genug für alle da, wenn man nur teilt. Obwohl unser aller Verhältnisse bescheiden sind, leben wir gemeinsam ein gutes Leben. 

Auch für unsere Tiere, Hühner und Katzen, ist das Zusammenleben ein Vorteil, sie sind immer versorgt, auch wenn mal jemand in den Urlaub fährt. Und Jan sagt: „Wir hätten ein Eierproblem, wenn Kerstin und ich nur zu zweit wären.“ Was er damit meint: Sie wüssten nicht wohin mit der großen Anzahl. 
Wir haben tatsächlich gerade zwei Zimmerchen ausgeschrieben, die auf neue Mitbewohner warten. Vielleicht fühlt der ein oder andere sich angesprochen und möchte gerne mit Kerstin, Jan, Katalin, Momo, Una, Piri, den Hühnern und mir zusammenwohnen. Wer weiß…

Ergebnisse des Plastikfrei-Versuchs

Jan sitzt in der Küche und beißt in eine Gurke. In der anderen Hand hält er ein Stück Parmesan.
Jan nimmt eine plastikfreie Zwischenmahlzeit ein.

So, geschafft, die Fastenzeit ist vorbei. Teilweise hat es ganz gut geklappt mit dem plastikfreien Einkauf, teilweise war es etwas schwieriger. Hier ein paar Ergebnisse:

Reduktion der Menge an Plastikmüll: Das hat funktioniert. Normalerweise haben wir in der Zeitspanne zwischen zwei Abholterminen drei gelbe Säcke mit „Recycling“-Abfällen produziert. Diese Menge ist jetzt auf einen gelben Sack gesunken. Allerdings nicht sofort, sondern erst jetzt, nach sieben Wochen also. Das lag einfach daran, dass in unseren Vorratsbeständen noch ziemlich viele Plastikverpackungen enthalten waren.

Veränderte Einkaufsgewohnheiten: Wir haben mehr in kleineren Geschäften eingekauft als sonst. (Bioladen, ein italienischer Feinkostladen, den es überraschenderweise in Bad Salzdetfurth gibt und in den ich mich sonst nicht reingetraut hätte, Bäckereien). Die Bäcker spielten nicht nur wegen Brot und Brötchen eine Rolle, sondern auch, weil wir regenbogenbunt verpackte Fesazus durch Gebäck zum Nachmittagskaffe ersetzt haben. Nicht unbedingt gesünder, fürchte ich, hat aber mehr Stil.

Verändertes Essverhalten: Auch hier hat sich tatsächlich was getan: Weniger Süßigkeiten, fast zwei Monate lang gar keine Chips (!), weniger Fertiggerichte. Allerdings haben wir uns sehr über die TK-Erbsenburger und Gemüsestäbchen gefreut, die in einer reinen Pappverpackung im Kühlregal lagen. Wirklich nicht unwichtig: Üblicherweise verursacht eine Grillparty mit Fleischersatzprodukten und vielen Leuten schon ganz alleine einen viertel gelben Sack an Plastikmüll. Schon toll, wenn das ohne geht.

Überraschungen: Die Unternehmen, bei denen wir aktuell viel Werkzeug und Baumaterial und überhaupt Gerümpel bestellen, verpacken sehr unterschiedlich. Teilweise Altpapier, teilweise gar keine unnötige Verpackung, teilweise sogar Pfand-Versandkiste (!). Aber ich habe auch einen wirklich robusten Werkzeugkasten aus Stahl in einer zusätzlichen Plastikfolie geliefert bekommen. Da war mir nicht ganz klar, wovor die Plastikfolie den Stahl im Pappkarton schützen sollte.

Geklärte Fragen: Wirsingkohl ist Lagergemüse (Sólja sagt, man kann ihn in den Keller werfen und ein halbes Jahr liegen lassen, da passiert nix), Salat ein sogenanntes Frischgemüse, also von Natur aus viel, viel weniger haltbar. Daran ändert die Plastikfolie um den Salat allerdings wahrscheinlich auch nichts.

Weiterhin offene Fragen: Tofu, Toilettenpapier, Müsli* und Nudeln sind noch nicht abschließend geklärt.

Fazit: Unser Experiment hat erwartungsgemäß zusätzliche Kosten und zusätzlichen Aufwand verursacht. Der erwünschte Effekt (Reduktion der Menge an Plastikabfall) hat sich eingestellt, was aber länger gedauert hat als wir dachten. Eine Mengenangabe können wir nicht wirklich machen, weil auch Konservendosen aus Metall im gelben Sack gelandet sind (Katzenfutter!). Wir haben ein bisschen gesünder gegessen als sonst, obwohl das gar kein Ziel des Versuchs war. Wir haben uns vorgenommen, einige Dinge beizubehalten (Milch und Joghurt in Pfand, Käse von der Käsetheke), mal sehen inwieweit das klappt mit dem Verfestigen von neuen Gewohnheiten. Und vielleicht kann ich im Alltag ja sogar die Finger von den Chips lassen.

*An dieser Stelle möchte sich Kerstin gerne bei ihren Mitbewohner*innen bedanken, die sich Sorgen gemacht haben, dass es Müsli nur in Plastik gibt und Kerstin dann verhungert und dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit Müsli in Papiertüte gekauft haben, so dass der Müslivorrat jetzt eine ganze Weile reicht.**

** Und an derselben Stelle hat Jan sich darüber gewundert, dass „Müsli“ gegendert war, aber das Sternchen diente zur Kennzeichnung der Fußnote.

7 Wochen (fast) ohne Plastik*

*Artikel enthält nicht bezahlte Werbung für Produkte oder Anbieter, die wir gut finden, weil sie ohne Plastikverpackung auskommen

Dieses Jahr haben wir uns für die Fastenzeit gemeinsam etwas vorgenommen: Wir versuchen, nur Sachen ohne Plastikverpackungen einzukaufen. Jetzt aber mal wirklich!

Insgesamt kaufen wir natürlich schon ein bisschen umweltbewusst ein – das dachten wir jedenfalls. Nun fiel aber schon beim ersten Fasten-Wocheneinkauf auf, dass eigentlich alles in Plastik verpackt ist. Ganz besonders Sachen, die wir gerne essen. Da kam dann schnell die erste Diskussion auf: Wie sieht´s aus, wenn es etwas nicht ohne Plastikverpackung gibt? Und wenn wir es wirklich total dringend brauchen? Also, Schokoriegel und Chips zum Beispiel, oder Käse, oder die Zutaten für ein leckeres Dessert? Ergebnis: Entwicklung findet außerhalb der Komfortzone statt, und wir nehmen unseren Versuch ernst. Das heißt: Eventuell noch mal woanders gucken, nachfragen, sich überlegen, ob wir verzichten können. Bei Verstößen gegen die Plastikfrei-Richtlinie muss niemand mit körperlicher Züchtigung rechnen, das Ganze ist schließlich ein Lernprozess. Im Folgenden ein paar Zwischenergebnisse.

Relativ leicht zu kriegen:

  • Toastbrot (durch Weißbrot aus der Bäckerei ersetzt)
  • Schokolade (Göttin sei Dank!)
  • Milch: gibt’s in Glasflaschen, und zwar bei Niehoff´s Hofmolkerei, bei Karin im Bioladen und auch im Supermarkt.
  • Käse: An der Käsetheke auf Nachfrage ohne Plastikfolie, und ebenfalls auf dem Hof bei Niehoff. Mindestabnahme 1 kg, aber da sehe ich kein Problem.
  • Mehl und Zucker – Mehl ist immer in Papier, bei Zucker gibt´s beides. Blöd: Bio-Rohrzucker ist eher in Plastik als in Papier verpackt.
  • Wirsingkohl. Immer plastikfrei!

Schwer zu bekommen:

  • Salat. Den brauchen wir, um Hühner, Kaninchen und Katalin bei Laune zu halten, darum ist Verzicht keine Option. Kein Witz,wir mussten drei Läden abklappern, bis einer seinen Salat zumindest unverpackt in der Auslage hatte.
  • exotische Milchprodukte wie z.B. Buttermilch, die sind irgendwie immer in Plastik
  • Toilettenpapier. Gibt’s zwar ohne, ist aber unglaublich viel teurer. Aktuell haben wir uns nach längerer Recherche und Diskussion für Papier von Goldeimer entschieden, das ist auch in Plastik, fördert aber Toiletten in WC-mäßig unterversorgten Regionen. Es gibt wohl auch welches, bei dem die Verpackung einen hohen Anteil an Recycling-Plastik hat. Ja, die Idee mit dem Weiterverwenden der Zeitung hatten wir auch schon. Nein, wir konnten uns noch nicht dazu durchringen.
  • vegetarischer Fleischersatz. Tofu im Pfandglas scheint noch ein ziemliches Nischenprodukt zu sein. Im lokalen Handel haben wir nichts gefunden, eine orientierende Internetrecherche lässt allerdings hoffen.
  • Müsli. Schon machbar, aber wir müssen entweder im Internet bestellen oder nach Hildesheim zum Unverpackt-Laden fahren. Wenn nicht sowieso ein Termin in der Stadt ansteht, ist das natürlich ökologisch ziemlicher Quatsch.
  • Schokoriegel. Ganz viel von den Sachen, die ich sonst gern mal spontan mitnehme, sind in bunten Plastikverpackungen. Ob es da wohl einen Zusammenhang gibt? Wir backen im Moment ziemlich viel Kuchen.

Merkwürdig:

  • Wirsingkohl ist nie in Plastik verpackt, wirklich niemals, Eisbergsalat praktisch immer. Dabei sehen die fast gleich aus und sind vermutlich auch ungefähr gleich haltbar. Falls jemand mit Kenntnissen im Lebensmittel-Einzelhandel diesen Artikel liest, freuen wir uns über eine Erklärung. Oder ist das einfach so ein kulturelles Ding?
Katalin ist heldinnenhaft extra zur Molkerei geradelt, um Milch und Käse ohne Plastik zu besorgen.

Nachtrag: Gerade hat Gini die Frage aufgeworfen, ob es eigentlich Kondome ohne Plastikverpackung gibt. Tja.

Der unwahrscheinlichste Fall ist eingetreten

Die Dachziegel seien dicht, sagte einst der Dachdecker. Nur in einem speziellen Fall könne er für nichts garantieren. Vor einigen Tagen hat nun ein Blizzard stürmisch und zielgerichtet ganz feinen Schnee unter die Dachziegelfugen gefegt. Der unwahrscheinlichste Fall ist eingetreten. Unser Dachboden wurde eingeschneit und wir mussten das erste Mal auf dem Boden Schneeschippen. Mit Schaufel und Besen wurden die Überbleibsel alter Umzüge (Dinge, die man sicher nie wieder benutzt) von dem weißen Pulver befreit. Schneeverwehungen wurden den alten Getreideaufzug in die Durchfahrt hinunter geschaufelt. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Was wird aus der Nässe gerettet und wirklich noch benutzt und was wird einfach in seiner Pfütze stehen gelassen? Besser noch – hier trennte sich die Spreu vom Weizen. Und hier ist Blut auch dicker als Wasser.

Leicht erklärt in einer Kurzausführung – der Corona-Lockdown brachte uns dazu, eine Liste mit Dingen zu sammeln, die wir tun könnten, wenn uns der Corona-Koller packt. Da standen so schöne Sachen drauf wie Cocktails mixen, eine Sauna bauen, eine Diskonacht im Schweinestall veranstalten (natürlich nur zu viert) oder Gedichte schreiben. Nicht vieles von unseren Ideen ist zustande gekommen. Mit „Babykatzen adoptieren“ waren wir zugegeben auch ausreichend beschäftigt.

Zwei kleine Knäuel bespielten seit ungewisser Zeit einen Hof im Nachbardorf und hatten unsere Aufmerksamkeit geweckt. Ein blindes und ein einäugiges Knäuel. Wir spazierten hin und sahen uns das sehschwache Pärchen an. Es wurde nicht lange gefackelt und beide Kätzchen eingepackt. Seither heitern Una und Momo unsere Lage auf und machen unser Leben recht abwechslungsreich, wenn beide „pfeffer den Blumentopf runter“ spielen oder sich ein neues Katzenklo unterm Bett bauen. Auch mit nur einem Auge bei zwei Katzen lässt sich die Einrichtung nach Jux und Dollerei verändern.

Wir selbst sind gerade dabei den Flur zu renovieren, neue Elektrik und neuer Putz sollen es werden. Zudem wird die Täfelung in einem schönen Grünton gestrichen. Neue Einrichtungsgegenstände werden ausgesucht, sich um Tapetenmuster gestritten und neue Lampen werden aus dem Lampenlager geangelt.

Dafür stiegen wir kürzlich auf den Dachboden und vergaßen, die Tür zu schließen. „Nice“, dachte sich Una, was übrigens Eins bedeutet, und trappelte heimlich die Treppe hoch. Irgendwo verschwand der schwarzgescheckte Körper hinter Lehm, Holz und Ziegeln in einer Hohlwand und fing über kurz oder lang an, laut zu maunzen. Es wurde mal leiser mal lauter, bis wir uns schon ausmalten, wir müssten die Feuerwehr rufen und diese ihrerseits die Wand aufbrechen oder mit Wasser fluten. Jedenfalls kam sie nicht hervor und wir vermuteten, dass sie feststeckte. Apropos Feuerwehr, mir kam nach einiger Grübelei eine zündende Idee. Wenn man Momo in einem geschlossenen Körbchen auf den Dachboden stellen würde, würde sie irgendwann anfangen zu maunzen. Und vielleicht würde das ihre Schwester wieder ans Tageslicht befördern und unsere Vermutung widerlegen. Nun es ist schnell gesagt, war aber mit einer langen Wartezeit verbunden: Momo maunzte so laut, dass Una ihr Versteckt verließ, um ihrer Schwester zu Hilfe zu eilen. Sie kletterte durch die Lehm- und Kuhmisthohlwand trennte dabei die Spreu vom Weizen und bewies, Blut ist eben dicker als Wasser.