Unser Haus ist nicht mehr einsam

Trauriges Comic-HausWährend in den Städten der Wohnraum knapp und teuer ist, stehen auf dem Land oft Häuser und Wohnungen leer – dabei kann man hier oft gut wohnen: nette Nachbarn, Platz für Hühner, Motorräder und Schaukeln in der Tordurchfahrt, man kann den ganzen Tag „Fluch der Karibik“ auf der Mandoline üben, ohne dass sich jemand beschwert… nein, ich rede natürlich nicht über uns. Sondern über das Leerstandsregister der Region nette innerste.

„Ist Ihr Haus einsam?“ ist der Slogan für den Flyer dazu. Um einen Überblick über den Leerstand in der Region zu bekommen und vor allem, um etwas dagegen zu tun, hat die Region nette innerste* das Leerstandsregister gestartet. Das heißt, dass man sich dort registrieren kann, wenn man Besitzer eines leerstehenden Gebäudes oder einer ebensolchen Wohnung ist (duh.) und Mieter oder Käufer sucht. So will sich die Region erstens einen Überblick verschaffen und zweitens dafür sorgen, dass es weniger wird mit dem Leerstand.

Wir waren ein paar mal bei den nette-innerste-Treffen, weil wir’s interessant fanden, und wie das so ist mit Gremien: wenn man nicht aufpasst, hat man, zack, eine Aufgabe an der Backe. In diesem Fall hat Jan organisatorisch die Website unterstützt und ich (Kerstin) den Flyer gemacht (hier ist meine eigene Website, falls noch jemand so einen Flyer braucht, oder ein trauriges Haus).

Außerdem sind wir selbst auf dem Flyer drauf, als positives Beispiel, und allen zukünftigen Besitzern von im Moment leer stehenden Fachwerkhäusern können wir die Gegend nur empfehlen, wir jedenfalls sind immer noch glücklich darüber, nach Bodenburg gezogen zu sein.

Auch auf dem Flyer ist Aniko Coffee in Bad Salzdetfurth – sehr guter Kaffee! Schön renoviertes Haus! Wenn wir mal sehen wollen, wie’s bei uns in zehn bis zwanzig Jahren aussieht, fahren wir da hin.

 

*Zu der haben sich einige Gemeinden bei Hildesheim zusammen geschlossen. Das ist im Rahmen der „Integrierten Ländlichen Entwicklung“ (ILE) geschehen. Was genau das ist, kann man hier nachlesen. Kurz gefasst: ein Förderinstrument, um den ländlichen Raum zu stärken. 

Küken!

Kleines, gelbes Küken in der HandEin Grund, warum Astrid am Wochenende nicht in Braunschweig war, sondern in Bodenburg, ist offensichtlich: Küken. Unsere drei Hennen haben insgesamt fünf Küken – jupp, das ist ziemlich wenig, aber uns reicht es.

Wegen der Kälte mussten die Kleinen mit ihren Glucken in unsere „Bastelküche“ umziehen, wo jetzt jedesmal, wenn man durchgeht, das große Gepiepse ausbricht. Sie haben nämlich schon gelernt: Menschen = Essen.

Eric und ihre beiden grauen Küken

 

Aufregend.

Slartibartfaß brütetVor ein paar Wochen haben drei von unseren Hühnern (genauer gesagt, erst Eric, dann Slartibartfaß, dann Putme) angefangen zu brüten. Eigentlich ist es ein wenig spät im Jahr, und eigentlich sind es Legehybriden, die sonst nicht gerne brüten, und unser armer Hahn Solo ist zur Zeit nicht auf der Höhe, so dass wir nicht sicher waren, ob er seine Hahnpflichten wirklich erfüllt hat und die Eier befruchtet waren – aber wenn so ein Huhn erst einmal beschlossen hat, zu brüten, kann man da nicht viel machen: zwischenzeitlich haben wir versucht, Eric in ein anderes Nest umzusiedeln, weil sie im allgemeinen Lieblings-Eier-Legenest saß, und es jeden Morgen Proteste und Gezeter gab, weil die anderen versucht haben, sich zu Eric ins Nest zu drängen. Aber Eric ist ungefähr eine halbe Stunde im neuen Nest geblieben, um dann wieder ins alte zurückzukehren und dort weiter zu brüten. Ohne Eier. Also haben wir ihr ihre Eier wieder gegeben und einfach mal abgewartet.

Und vorsichtshalber doch schon mal eine Wärmelampe gekauft. Und Kükenfutter. Und wirklich, seit Freitag gibt es zwei kleine, schwarze Küken. So. Aufregend!

Nun haben wir Eric doch umgesiedelt (oben sieht man das Küken beim Transport, meistens sitzen sie unter Eric) in einen Kükenstall, damit die Kleinen in Ruhe groß werden können, aber wir müssen schon alle fünf Mal am Tag nach gucken, ob man zufällig gerade ein Küken am Futternapf sieht.

Und seit heute piepst es in einem Ei von Slartibartfaß!

Ansonsten sieht unser Hof gerade so aus:

Hof mit großem GrabenDie Bleileitung kommt raus! Und Astrid und Tanja bekommen richtige Heizungen! Und Tanja zieht ein! Und Kerstins Zimmer wird morgen blau gestrichen!

Extrem aufregende Woche.

„Blau wie das Meer…“

Beim Reinigen der blauen Zimmerwände… singe ich immer vor mich hin, wenn ich auf der Baustelle in meinem Zimmer bin. Das ist ein Lied von Mr. Hurley und die Pulveraffen, ein penetranter WG-Ohrwurm, verstärkt dadurch, dass mein Mitbewohner es immer auf einer durchsichtig-roten Plastikflöte von Woolworth („Nur 1,99!“) zu spielen versucht, und wir ihm dann was an den Kopf werfen müssen. Wer auch schon immer mal einen Ohrwurm mit historisch fragwürdigem Piratenromantik-Flair haben wollte, bitte sehr:

Aber ich schweife ab. Als ich das erste Mal einen Streifen Blümchentapete und die darunter geklebte Hildesheimer Allgemeine von 1963 entfernt habe, wusste ich nicht, ob ich begeistert oder entsetzt sein sollte: direkt auf dem Lehmputz war die Wand knalleblau. Ultramarinblau. Das ganze Zimmer.

Ich habe es meiner Mutter am Telefon erzählt, und die hat gleich gesagt: „Klar, so ab Mitte des 19. Jahrhunderts konnte die Farbe erstmalig synthetisch hergestellt werden!“ (Sie ist Chemikerin).

Passt. Unser Haus ist von 1845. Hat der Chirurg, der das Haus gebaut hat, begeistert auf die plötzlich erschwingliche Farbe zurück gegriffen?

Ursprünglich nämlich heißt Ultramarinblau nämlich nicht so, weil’s so blau wie das Meer ist, sondern weil es von jenseits des Meeres kommt (azurro ultramarine): aus Afghanistan. Lapislazuli auf dem fernen Osten wurde schon im Mittelalter importiert und als Pigment unter anderem für das Malen der schönen blauen Marienmäntel auf Altären verwendet.

So war es als ordinäre Wandfarbe natürlich etwas teuer, und wurde schon 1824 ein Preis ausgesetzt für den, der als erstes Ultramarinblau synthetisiert.* Das gelang dann auch 1828 etwa zeitgleich in Deutschland und Frankreich, und 1834 entstand die erste Ultramarinfabrik in Deutschland. Und bald darauf konnte man sich knalleblaue Wände leisten.

Und nach langem Hin- und Herüberlegen werden die Wände auch wieder ultramarinblau (im Moment sind sie dunkelbraun, weil frisch lehmverputzt). Und dank Jean-Baptiste Guimet mussten wir jetzt beim Farbenhändler unseres Vertrautens (Kreidezeit) nur etwa 20 Euro für die Pigmente bezahlen.

 

*Fundiertes Wikipedia-Wissen.